26.05.25, 12:12:32
Clouseau
Vorgestellt wird eine Blankwaffe, die heute nur noch in zwei, vielleicht drei Exemplaren nachweisbar ist. Es handelt sich um den Säbel für Mannschaften der zwei damals bestehenden Dragoner-Regimenter der Landgrafschaft Hessen-Kassel, eingeführt am 17. Januar 1789. Gerhard Große-Löscher stellte in der „Waffen- und Kostümkunde“, Heft 2, 2017, ab S. 223, eines der bekannten Exemplare und dessen Geschichte ausführlich vor.
Gesamtlänge 105 cm, Klingen- 87,5 cm, Klingenbreite an der Fehlschärfe 3 cm, Klingendicke 8 mm. Leicht gebogene Klinge à la montmorency; auf 22 cm ab der Angel beiderseits und im Rücken mit Ätzungen, u. a. der Chiffre „WL“ unter der Landgrafenkrone versehen. Die von G. Große-Löscher vorgestellte Waffe hat eine 93 cm lange Klinge mit Rückenspitze, beim hier vorgestellten Exemplar wurde relativ unprofessionell eine Mittelspitze zurechtgeschliffen. Dies kann durchaus in der Tragezeit geschehen sein, da man um 1800 zu Mittelspitzen überging, mit denen man gezieltere Stiche anzubringen hoffte.
Zusammengelötetes Korbgefäß aus Messingguss, herzförmiges Stichblatt, Daumenöse und gerillter, schwerer Knauf als Gegengewicht zur Klinge. Auf der Außenseite des Korbes ebenfalls die ligierte Chiffre „WL“ unter Grafenkrone. Vom Griff hat sich nur das Holz erhalten, Unterwicklung, Belederung und die aus einem glatten Messingdraht bestehende Oberwicklung fehlen.
Landgraf Wilhelm IX. übernahm nach dem Tod seines Vaters 1785 die Regierung und führte 1789 eine Reorganisation seines Heeres durch. Damals bestanden dann das Leibdragoner-Regiment in Hofgeismar und das Prinz Friedrich Dragoner-Regiment in Gudensberg und Fritzlar. Hessen-Kasseler Truppen kämpften u.a. zusammen mit preußischen Truppen 1792 – 1795 gegen die französische Armee. Die Landgrafschaft, ab 1803 zum Kurfürstentum Hessen erhoben (nun mit dem als Kurfürst Wilhelm I. genannten Regenten), trat dem von Napoleon gegründeten Rheinbund nicht bei, erklärte sich für neutral und wurde dennoch im November 1806 von französischen Truppen besetzt. Der Kurfürst verfügte „Die Soldaten werden einstweilen nach Hause beurlaubt“ und begab sich ins Exil, aus dem er erst 1813 zurückkehrte. Aus dem „einstweilen“ wurden also sieben Jahre; ein Großteil des Gebietes wurde bis dahin dem Königreich Westphalen zugeschlagen. In dessen Armee wurde zumindest teilweise als Blankwaffe ein Säbel getragen, der durch den Austausch der Chiffre „WL“ im Korb durch das „JN“ (König Jérôme Napoleon, Bruder Napoleons) hergestellt wurde. Das „WL“ auf der Klinge blieb bei diesem Muster erhalten. Diese Aptierung wird von Große-Löscher als eine Erklärung für die Seltenheit des hier gezeigten Säbels angesehen.
In der 1914 in München versteigerten Sammlung des Schlachtenmalers Prof. Louis Braun befand sich ein ebenfalls unverändertes Exemplar mit leider im Katalog (Los 126, s. Foto) nicht abgebildeter Scheide, dort als „Kürassier-Offizier-Säbel“ bezeichnet. Dessen Verbleib ist heute unbekannt. Hinzu kommen lediglich das von Große-Löscher 2017 gezeigte und nun das hier vorgestellte Stück.
26.05.25, 17:31:22
Ulan13
Großartiges Stück, vielen Dank für die ausführliche Vorstellung!
Grüße vom Ulanen