Wir hatten hier im Forum bereits schon einmal eine rege Diskussion über den „1920er Stempel“. Ich hatte seinerzeit versucht, das Thema bezüglich der "Alliierten Kontrollkommission" etwas zu vertiefen.
Um eine Wiederholung zu vermeiden, nachfolgend der betreffende
Link.
Der reine „1920er Stempel“ wurde hier ja bereits von Gottscho1914 hinreichend erklärt.
Daher nachfolgend ein paar Gedanken zu den beiden fraglichen Seitengewehren:
- Spekulationen wie Eisenbahngeschütz etc. sind m. e. aus der Formationsgeschichte nicht erklärbar.
- Ähnlich verhält es sich mit anderen Deutungsversuchen zu deutschen Formationen im Weltkrieg.
- Ein RW-Truppenstempel ohne 1920 dürfte erst nach dem Nachlassen der Kontrollbesuche geschlagen worden sein. Nichterfaßte Waffen ohne Truppenstempel waren sicherlich auch leichter erklärbar.
- Ungewöhnlich ist der Abnahmestempel am Griffkopf bei gleichzeitigem Fehlen der ärarischen Abnahme am Klingenrücken.
- Nach 1918 bestand in Deutschland keine Notwendigkeit, diese Güteprüfung zu entfernen.
- Bei Kriegsende waren ausreichende Waffenbestände vorhanden, so daß hier ein teilabgenommenes Seitengewehr weniger wahrscheinlich ist.
- Die Vermutung, daß hier aus einzelnen Waffenteilen ein Seitengewehr nach 1918 zusammengebaut wurde, ist problematisch. Zum einen waren mehr als ausreichende Mengen vorhanden, und zum anderen waren es ja gerade die Alliierten, welche hierüber die Kontrolle ausübten.
- Verschrottung und/oder Verkauf der überzähligen Waffen oblagen nicht der Zuständigkeit des Deutschen Reiches. Die Waffen waren abzuliefern! „Dies gilt ebenso für alle Maschinen jedweder Art, die zur Herstellung von Kriegsmaterial bestimmt sind, mit Ausnahme derjenigen, die als notwendig für die Bewaffnung und Ausrüstung des deutschen Heeres in seiner erlaubten Stärke anerkannt werden.“ Ausländische Waffen, Kriegsmaterial und Munition waren an die ursprünglichen Länder auszuliefern.
- Hinzu kommt, daß Deutschland weder der Import noch der Export von Waffen erlaubt war.
- Der Truppenstempel entspricht keiner deutschen Stempelvorschrift. Der Schrägstrich wurde vereinzelt auch (während?) gegen Ende des Weltkrieges geschlagen. Nur läßt sich genau dieser Stempel anscheinend keiner wirklichen deutschen Kriegsformation zuordnen.
Fazit: Klingenabnahme nicht vorhanden oder ausgeschliffen, Griff hingegen mit Abnahme, Waffe vernickelt (?), Truppenstempel abweichend von den deutschen Handwaffen Stempelvorschriften.
Hier stellt sich dann die Frage, ob es sich in dieser Form hierbei wirklich um ein in Deutschland geführtes Seitengewehr handelt. Gegen eine Verwendung auf Seiten der deutschen Verbündeten würde auch die eher ungewöhnliche Teilabnahme sprechen.
Darüber nachgedacht werden sollte auch, ob es sich hierbei vielleicht auch um eine Lieferung aus der „Kriegsbeute“ an einen der rund 40 deutschen Kriegsgegner handelt? HIER
Denn dann könnten die oben aufgeführten Besonderheiten gegenüber den normalen deutschen Seitengewehren wieder passen. Ebenso die Montierung von nicht abgenommenen Einzelteilen zu neuen verchromten (?) Seitengewehren.
Aber wie bereits eingangs geschrieben, dies sind alles nur ein paar Gedanken zum Thema.
Gruß
ulfberth